2005–2010: Der deutsche Baptismus als Teil einer weltweiten Familie (Folge 12/12)
Die baptistischen Gemeinden in Deutschland verstanden sich von Anfang an als Teil einer Bewegung über die nationalen Grenzen hinaus, zumal bereits durch J. G. Oncken eine enge Verbindung zu Baptisten in England und in Amerika bestand. So spielten auch der baptistische Weltbund (Baptist World Alliance, BWA, gegründet 1905) und die Europäische Baptistische Föderation (EBF, gegründet 1949) immer eine wichtige Rolle für die Baptisten in Deutschland.
Kein Wunder also, dass im Jahr 2005 viele Deutsche ins Nachbarland Großbritannien reisten, wo in Birmingham der Weltkongress der Baptisten zum 100. Geburtstag der BWA stattfand. Für die neue Amtsperiode entschied das Präsidium des Bundes, die Mitarbeit in BWA und EBF zu intensivieren. So wie es für Baptisten in Deutschland wichtig war, sich als Teil einer größeren Familie zu verstehen, so waren auch für die andern die Partnerschaft mit Deutschland und die Beiträge des deutschen Bundes in Theologie, Mission, Diakonie, Kinder- und Jugendarbeit und Weltverantwortung immer von Bedeutung.
- BWA-Generalsekretär Neville Callam
Spürbar wurde dies auch in den Partnerschaften zu osteuropäischen Ländern. Der BEFG konsolidierte seine Europahilfe in enger Zusammenarbeit mit der EBF. Gemeindepartnerschaften unter anderem mit dem Baltikum, Polen, Rumänien, der Ukraine, aber auch nach Österreich, Ungarn, Belgien und nun auch vermehrt in die Türkei und nach Israel belebten die Kontakte innerhalb Europas. Das Komitee für Weltmission investierte in die Partnerschaft mit Südafrika und setzte gemeinsam mit der Europäischen Baptistischen Mission (EBM, MASA, Indienhilfe) das Projekt „Grenzenlos“ um, in dem Partner aus Afrika und Lateinamerika für einige Zeit in deutschen Gemeinden als Missionare mitarbeiten.
In der Leitung des Weltbundes gab es einen Wechsel. Dr. Denton Lotz, Generalsekretär der BWA von 1988 bis 2007, hatte das Seine zu einer intensiven Verbindung zwischen dem deutschen Bund und der BWA beigetragen. Der amerikanische Theologe mit deutschen Wurzeln hatte in Hamburg studiert, war später von Österreich aus als Missionar für Osteuropa tätig und pflegte auch später intensiven Kontakt zu vielen Personen im BEFG. Als er 2007 in den Ruhestand ging, wurde Dr. Neville Callam aus Jamaika als sein Nachfolger berufen. Damit setzte sich die Internationalisierung des Weltbundes auch in leitenden Positionen auf gute Weise fort.
- Am Infostand des Weltjugendtreffens in Leipzig 2008
Das große Ereignis des Jahres 2008 war die 15. Weltjugendkonferenz in Leipzig. In Federführung des Gemeindejugendwerks und unter Leitung von Christoph Haus sorgte das Ortskomitee für einen vollen Erfolg, an dem sehr viele Jugendgruppen, Gemeinden und Einzelhelfer aus dem ganzen Land beteiligt waren. Tief beeindruckt zeigten sich die internationalen Gäste nicht nur von der herzlichen Gastfreundschaft und kompetenten Organisation. Die Aufarbeitung der Geschichte, besonders auch des Nationalsozialismus und der Geschichte des geteilten Deutschland, brachte viele zum Nachdenken. Viele Begegnungen mit ausländischen Gästen in Gemeinden vor und nach der Jugendkonferenz brachten ein wenig von dem Flair auch in weit entlegene Gegenden Deutschlands. Für die Gemeinden des BEFG hatte die Gastgeberrolle für die Weltjugendkonferenz Identität stiftenden Charakter. „Gemeinsam schaffen wir das!“ Diese Überzeugung brachte Jung und Alt, große und kleine Gemeinden aus Großstädten und ländlichen Gegenden, aus Ost und West zusammen. Dies wurde zu einem tief geistlichen Erlebnis. Die Baptisten im BEFG als Minderheitskirche in Deutschland erlebten hautnah, was es heißt, zur größten protestantischen Vereinigung der Welt zu zählen!
- Jugendliche mit J.G. Oncken beim Weltjugendtreffen in Leipzig 2008
2009 ging es weiter mit dem Feiern: 175 Jahre zuvor hatte Johann Gerhard Oncken die erste Gemeinde in Hamburg gegründet. Zur Bundesratstagung, die aus diesem Anlass in Hamburg stattfand, waren eine Reihe internationale Gäste eingeladen. Dies sollte jedoch keine Konkurrenz werden zu dem umfassenderen Jubiläumskongress der EBF „Amsterdam 400“, der im Juli 2009 im RAI Center in Amsterdam stattfand. Delegierte aus 57 Ländern feierten 400 Jahre Baptistische Geschichte auf dem europäischen Kontinent. Den letzten europäischen Kongress dieser Art hatte es 1994 in Lillehammer, Norwegen gegeben.
Der 20. Kongress des Baptistischen Weltbundes steht nun bevor. Er wird vom 28. Juli bis 1. August 2010 in Honolulu, Hawaii stattfinden. Auch wenn nicht so viele Deutsche teilnehmen können wie vor fünf Jahren, so erhoffen wir doch auch für unsere Gemeinden von diesem Kongress gute Impulse. Das Thema lautet: „Hear the Spirit“ – Hört, was der Geist (den Gemeinden) sagt! (siehe auch Offenbarung 2,7).
Regina Claas, Generalsekretärin des BEFG, Elstal